EIOPA veröffentlicht Risk Dashboard zu Q1/2023
Der Risk-Dashboard der Europäischen Aufsichtsbehörde (EIOPA), veröffentlicht im Juli 2023, fasst die wichtigsten Risiken des Versicherungssektors zusammen und gibt Einblicke in die Q1/2023-Kennzahlen und Solvenz des europäischen Versicherungsmarktes. Die Auswertungen basieren auf den aufsichtsrechtlichen Quartals- und Jahresendmeldungen der Versicherungsunternehmen.
Makrorisiken weiterhin dominant, Marktrisiken rückläufig
Risiken im Zusammenhang mit dem makroökonomischen Umfeld bleiben auch im ersten Quartal 2023 die relevantesten für den Versicherungssektor. Die Prognosen für den globalen Verbraucherpreis sind leicht auf 3,22% zurückgegangen, bleiben somit aber auf einem hohen Niveau, ebenso wie der gewichtete Durchschnitt der 10-Jahres-Swap-Sätze für die wichtigsten Währungen. Die Zentralbanken straffen ihre Geldpolitik weiter, wobei die durchschnittlichen weltweiten Leitzinsen steigen, und die Bilanzsummen sinken.
Die Marktrisiken werden im Vergleich zum vorherigen Quartal niedriger bewertet, vor allem weil die Volatilitäten an den Aktienmärkten im Juni gesunken sind. Während die Investments in Bonds und Immobilien relativ auf einem ähnlichen Niveau bleiben, sinkt das Exposure gegenüber Aktien im Median. Der Anstieg der Zinssätze im Jahr 2022 spiegelt sich in einer weiteren Verschlechterung der mittleren Spanne der Anlagerenditen gegenüber den garantierten Zinssätzen wider, die hauptsächlich auf einen Anstieg der nicht realisierten Verluste zurückzuführen sind. Zusätzlich hat sich die Verteilung des Duration-Mismatch-Indikators von ca. -7 Jahre auf -5 Jahre verringert, da die Duration der Verbindlichkeiten stärker abnahm als die der Vermögenswerte.
Liquidiäts-, und Finanzierungsrisiken und Solvenzkennziffern bleiben stabil
Die Risiken bleiben weiterhin auf einem moderaten Niveau. Im Median ist ein Anstieg der Cash-Bestände verglichen mit dem vorherigen Quartal zu beobachten. Gleichzeitig steigen die Stornoraten in der Lebensversicherung um ca. +0,4 Prozentpunkte auf 3,8% per Q4/2022 und bilden somit den höchsten Wert seit der Einführung des Solvency-II-Regelwerks.
Die Rentabilitäts- und Solvenzrisiken werden von der Europäischen Aufsicht unverändert als moderat eingestuft. Die Entwicklung der SCR-Quoten, die ein wichtiges Kriterium für die finanzielle Stabilität der Versicherungsbranche sind, variiert je nach Bilanzabteilung. Im Median melden die Lebensversicherungen zum ersten Quartal 2023 einen leichten Rückgang auf 228% (Q4/22: 231%, Q4/21: 220%). Bei Betrachtung der SCR-Quote der Lebensversicherungen ohne Übergangsmaßnahmen ergibt sich ein Median von 220%, was somit zu einem Anstieg gegenüber dem Jahr führt.
Gleichzeitig hat sich die Verteilung der Kapitalerträge für reine Lebensversicherungsunternehmen deutlich nach unten verschoben und erreicht per Jahresende 2022 einen Median von -22,1% (2021: -0,6%). Der starke Rückgang ist vor allem durch die unrealisierten Verluste bei festverzinslichen Wertpapieren getrieben. Ohne die nicht realisierten Verluste würde die Rendite von 2% in 2021 auf 0,9% im Jahr 2022 sinken.
Für die Schaden- und Unfallversicherungen bleibt die Kennzahl mit 211% verglichen mit vorigen Quartal stabil (Q4/22: 210%, Q4/21: 205%). Für Versicherungsgruppen lässt sich ein Rückgang der SCR-Quote im Median auf 219% (Q4/22: 225%) feststellen.
Versicherungstechnische Risiken mit rückläufigem Trend
Während die Einschätzung der EIOPA für die versicherungstechnischen Risiken auf einem moderatem Niveau liegt, wird mit einem stark rückläufigen Trend gerechnet.
Das Prämienwachstum in der Lebensversicherung kann sich im EU-weiten Median gegenüber dem Vorquartal leicht erholen, aber liegt mit -0,6% (Q4/22: -2,2%) immer noch negativ. Das Wachstum der vereinnahmten Prämien in der Nichtlebensversicherung sinkt sehr stark auf 5,3% (Q4/22: 12%). Zusätzlich steigt der abgegebene Teil der Prämien an die Rückversicherer im Median und liegt zum ersten Quartal 2023 bei 6,4% (Q4/22: 5%).
Die wichtigste Kennziffer für Schaden- und Unfallversicherer, das Verhältnis von Aufwendungen für Schadensfälle und Kosten zu den abgegrenzten Prämien (Combined Ratio), bleibt im Vergleich zum Vorquartal auf einem stabilen Niveau von 97%. Gleichzeitig verbessert sich jedoch die Schadensquote verglichen mit dem vierten Quartal 2022 von 66% auf 63,6%.
Fazit
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der europäische Versicherungssektor trotz der von Krisen geprägten Jahre eine gute Solvabilität und Widerstandsfähigkeit aufweist. Im Vergleich zu Österreich zeigt sich insbesondere bei den Lebensversicherungen ein deutlich stärkeres Wachstum der SCR-Quoten. Diese lagen im Median zum Jahresende 2022 bei 257,3% (VJ: 192,2%) und sind nun gleichauf mit den Nicht-Lebensversicherungen, die bei 254,1% (VJ: 247,0%) liegen.
Eine detaillierte Übersicht zu den Berichten über die Solvabilität und Finanzlage (SFCR) österreichischer Versicherungsunternehmen kann hier eingesehen werden.
Das vollständige Risk-Dashboard der EIOPA enthält die Einschätzung von weiteren Risikokategorien und stellt zahlreiche Grafiken zur Entwicklung von Kennzahlen zur Verfügung.