Naturkatastrophen und Inflation im Jahr 2022 – Teil 2: Auswirkungen der Inflation auf die Rückversicherung
In der Erneuerungsrunde im Januar 2023 sind die Rückversicherungsraten für Sachversicherungen deutlich gestiegen. Einerseits haben die Schäden durch Hurricane Ian im vergangenen Jahr sicherlich dazu beigetragen. Andererseits sind schlechtere versicherungstechnische Ergebnisse seit 2017 aufgrund von Naturkatastrophen, neue Risikotreiber sowie die Auswirkungen der Pandemie und des Krieges in der Ukraine dafür verantwortlich. Zusätzlich führt die steigende Inflation zu einer Erhöhung der Risiken bzw. versicherten Werte. Gleichzeitig führen höhere Exposures und sinkende Risikobereitschaft zu steigenden Preisen, höheren Selbstbehalten und strengeren Bedingungen.
Der (Rück-)Versicherungszyklus
Der Rückversicherungszyklus kann in einen weichen Markt (fallende bzw. stabile Prämien, leicht verfügbare Deckungen) sowie einen harten Markt (steigende Prämien, weniger leicht verfügbare Deckungen) unterteilt werden. Die Haupttreiber für den Zyklus können in vier Kategorien unterschieden werden:
- Schadentrends: Veränderungen in den erwarteten Schäden haben den größten Einfluss auf die Preise. Die Inflation erhöht Exposures und Schäden, zusätzlich spielen Modellunsicherheiten (z.B. infolge von Inflation, Klimawandel, Krieg in der Ukraine oder Pandemien) eine Rolle.
- Ergebnisse aus der Kapitalanlage: Steigende Zinsen können langfristig die Portfolio-Renditen erhöhen. Es gibt auch einen langristigen Zusammenhang zwischen der Combined Ratio (d.h. der Schaden- und Kostenquote) und den nominalen Zinssätzen, kurzfristig haben Zinsen nur eine geringe Auswirkung.
- Katastrophenschäden: Katastrophen beeinflussen Angebot und Nachfrage, vor allem wenn unmodellierte Risiken sichtbar werden. Der Effekt von Katastrophenschäden auf den Preis ist jedoch geringer als angenommen.
- Kapital: Überschüssiges Kapital erhöht den Wettbewerbsdruck und kann zu sinkenden Preisen führen. Kapitalbeschränkungen können zu höheren Preisen führen.
Aktuell ist ein harter Rückversicherungsmarkt zu beobachten. Einerseits steigt die Nachfrage nach Rückversicherungsdeckungen aufgrund erhöhter Schäden durch Naturkatastrophen seit 2017. Gleichzeitig hat die Auszahlung von Schäden durch Naturkatastrophen das Kapitalangebot verringert. Außerdem sinkt auch der Risikoappetit aufgrund sinkender versicherungstechnischer Ergebnisse in den vergangenen Jahren.
Quelle: Abbildung 13 des Berichts „Natural catastrophes and inflation in 2022: a perfect storm“ des Swiss Re Institutes
Auswirkungen der Inflation und steigender Zinsen auf die Rückversicherungspreise
In den letzten zwei Jahren hat die Inflation erheblich zugenommen, was ein Hauptgrund für die gestiegenen Rückversicherungspreise während des letzten Erneuerungsprozesses ist. Dies ist ein neues Phänomen, das in den vergangenen Jahren nicht zu beobachten war.
Darüber hinaus haben sich seit Beginn der Pandemie die wesentlichen zugrundeliegenden Risiken wie der Nominalwert von Gebäuden und Autos im Wert schneller erhöht als die Gesamtinflation und das reale BIP-Wachstum. Insbesondere im Bausektor sind die Kosten stark gestiegen, was zu einer deutlichen Zunahme von Schäden im Bereich der Eigenheim- und gewerblichen Eigentumsversicherungen geführt hat. Die Kosten für Baumaterial sind beispielsweise in den USA seit 2020 um ca. 40% und in Europa um ca. 20% gestiegen. Auch für 2023 und 2024 wird ein weiterhin erhöhtes Preisniveau erwartet, was zu einem Anstieg der versicherten Schäden und damit auch der Preise für Rückversicherung führen kann.
Aufgrund steigender Zinsen sind die Vermögenswerte und das Eigenkapital gesunken. Der globale Anleihenindex ist 2022 um ca. 16% gesunken und die globalen Aktienmärkte waren ebenfalls stark belastet. Dieser kombinierte Effekt hat sich negativ auf die Bilanzen der Rückversicherungsunternehmen ausgewirkt. Üblicherweise ist das investierte Kapital in Vermögenswerte von Rückversicherungsunternehmen 3- bis 4-mal so groß wie das Eigenkapital.
In der folgenden Grafik wird der Gap zwischen Angebot und Nachfrage deutlicher sichtbar. Während die Nachfrage steigt (Exposure geschätzt durch BIP), sinkt gleichzeitig das verfügbare Kapital der Rückversicherungsunternehmen.
Quelle: Abbildung 18 des Berichts „Natural catastrophes and inflation in 2022: a perfect storm“ des Swiss Re Institutes
Zusammenfassend ist eine Fortsetzung des harten Versicherungsmarktes aufgrund steigender Nachfrage und inflationsgetriebener Vermögenswerte bzw. versicherbarer Risiken zu erwarten. Sechs Jahre mit eher schlechten versicherungstechnischen Ergebnissen haben den Risikoappetit ebenfalls reduziert. Durch die beschriebenen Umstände ist die aktuelle Tendenz zu weiterhin steigenden Preisen, höheren Selbstbehalten und strengeren Bedingungen wahrscheinlich.
Für weitere Informationen kann der Bericht hier heruntergeladen werden.