Österreichischer Versicherungsmarkt im europäischen Vergleich
Österreichische Versicherungsunternehmen glänzen im EU-Vergleich durch hohe Solvabilitätsquoten, hinken beim Prämienwachstum jedoch hinterher. Zu diesen Ergebnissen kommt das im September veröffentlichte „European Insurance Overview 2022“ [1] der EIOPA.
Das jährlich veröffentlichte European Insurance Overview bietet einen Überblick zentraler Kennzahlen für den europäischen (Rück)Versicherungssektor auf Länderbasis. Der Bericht basiert auf jährlich gemeldeten Solvency-II-Kennzahlen, dadurch wird sichergestellt, dass die Daten in allen Ländern eine hohe Abdeckung haben und im gesamten EWR einheitlich gemeldet werden. CENTURION fasst im Folgenden die wesentlichen Entwicklungen des europäischen und österreichischen Versicherungsmarktes zusammen.
Verrechnete Prämie und Prämienwachstum
Nach dem pandemiebedingt schwächerem Jahr 2020 konnte EU-weit 2021 wieder ein starkes Prämienwachstum verzeichnet werden. Vor allem in der Lebensversicherung liegt der Median des Prämienwachstums bei beachtlichen 14%. Der österreichische Versicherungsmarkt kann hier nicht mithalten, mit einem durchschnittlichen Prämienwachstum von 1,76% findet man sich im EU-Vergleich auf Platz 25 von 30. In absoluten Zahlen liegt man bei der verrechneten Prämie pro Einwohner in Österreich mit 831€ knapp unter dem EU-Schnitt von 878€. Die Spitzenreiter mit der höchsten Dichte von Lebensversicherungen sind hier neben den Kleinstaaten Luxemburg und Liechtenstein noch Irland und Frankreich. Die Wachstumsstärksten Länder Portugal, Norwegen und Schweden können vor allem Anteile durch den Vertrieb von Fond-, und Indexgebundener Lebensversicherung (FLV/ILV) gewinnen. In Schweden werden sogar bereits über 80% der verrechneten Prämie durch FLV und ILV eingenommen.
Während in über zwei Drittel der europäischen Länder mittlerweile mehr Prämien durch Fond-, und Indexgebundener als klassischer Lebensversicherung (KLV) eingenommen werden, ist der österreichische Lebensversicherungsmarkt weiterhin auf die KLV fokussiert. Obwohl der Trend auch im heimischen Versicherungsmarkt in Richtung FLV und ILV zeigt, sind nach wie vor über 70% der verrechneten Prämien der klassischen Lebensversicherung zuzurechnen, lediglich drei EU-Länder haben einen noch höheren Anteil der KLV an der verdienten Prämie.
Für den österreichischen Nichtlebensversicherungssektor liegt die verrechnete Prämie im Verhältnis zum BIP mit 4,6% unter dem EU-Schnitt von 6,4%. Vor allem im dritten Quartal konnte in Österreich jedoch mit 7% ein starkes Wachstum verzeichnet werden.
Combined Ratio
Die Combined Ratio ist definiert als die Summe der Schäden und Kosten dividiert durch die verdienten Prämien. Der Median liegt im EU-Schnitt, fast unverändert zum Vorjahr, bei 90,4%. Trotz einem von schweren Naturkatastrophen geprägten Jahr befindet sich der österreichische Versicherungsmarkt mit einem Median der Combined Ratio von 91,7% im europäischen Mittelfeld. Gegenüber dem Vorjahr bedeutet das einen minimalen Anstieg von 0,3%-Punkten. Bei genauerer Betrachtung zeigt sich, dass die Kostenquote in Österreich 2021 nahe dem EU-Schnitt ist, während die Schadenquote mit 58% ungefähr 5 Prozentpunkte über dem EU-Median liegt.
Solvabilitätsquote
Die Solvabilitätsquote (SCR-Quote) ist die zentrale Messgröße für die Eigenmittelausstattung von Versicherungsunternehmen. Die SCR-Quote wird durch die Formel „verfügbare Eigenmittel dividiert durch erforderliches Risikokapital“ berechnet. Eine SCR-Quote von genau 100% entspricht dem Minimum, das an Eigenkapital verlangt wird, um die Risiken zu tragen. Mit einer durchschnittlichen SCR-Quote von 203% verfügen Europäische Versicherer über ausreichend Kapitalpolster, um auch für Negativszenarien gut gerüstet zu sein. Österreichische Versicherungsunternehmen liegen mit einem Median der SCR-Quote von 219% im oberen Drittel der EU und übererfüllen die Solvenzanforderungen damit deutlich. Eine ausführlichere Betrachtung der Solvenzkennzahlen des österreichischen Marktes wird in der CENTURION SFCR Studie 2021 [2] geboten.
[1]: Download des European Insurance Overview 2022 der EIOPA: https://www.eiopa.europa.eu/document-library/report/european-insurance-overview-2022
[2]: Download der CENTURION SFCR Studie 2021: https://www.centurion.at/news/publikationen/publikationen-details/centurion-studie-solvabilitaet-und-finanzlage-am-oesterreichischen-versicherungsmarkt-2021.html