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CENTURION-Studie: Solvabilität und Finanzlage am österreichischen Versicherungsmarkt 2021

Studie durch CENTURION

In einer umfangreichen Studie durch CENTURION Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungs GmbH wurde die Entwicklung der Solvenzkennzahlen österreichischer Versicherungsunternehmen untersucht. Seit 2016 veröffentlichen Versicherungsunternehmen jährlich den Bericht über die Solvabilität und Finanzlage (SFCR). Dieser informiert über die Solvenz- und Finanzlage sowie über Risiken als auch die allgemeine Geschäftsentwicklung von Versicherungsunternehmen. Neben dem nationalen Vergleich wurde der österreichische Markt mit den Q4/2021 Ergebnissen der europäischen Union verglichen.

Trotz krisengeprägten Zeiten zeigt sich in den Jahresabschlüssen 2021 eine stabile Solvenz der Versicherungsunternehmen in Österreich!

  • Nachdem der Median der SCR-Quoten aller in Österreich konzessionierten Versicherungsunternehmen im Vorjahr um ca. 10 Prozentunkte von 226,3% auf 216,0% gefallen ist, konnte sich dieser im heurigen Geschäftsjahr 2021 wieder leicht erholen und auf 219,8% ansteigen. Dabei ist in der Historie ersichtlich, dass der Unterschied der einzelnen Versicherungsarten (Nicht-Leben-, Leben-, Komposit- und Rückversicherung) verglichen zu Beginn der Aufzeichnung kleiner geworden ist.
  • Im internationalen Vergleich liegen vor allem die Nicht-Lebensversicherungsunternehmen im Median über dem europäischen (EU-27) Schnitt.
  • Zu dem wesentlichen tragischen Ereignis nach Bilanzstichtag (31.12.2021) des Angriffs der russischen Streitkräfte gegen die Ukraine machen insgesamt 28 von den 32 ausgewerteten Versicherungsunternehmen im SFCR Angaben. Eine Auswirkung wird von den meisten vor allem in der unsicheren Entwicklung am Kapitalmarkt gesehen – insbesondere aufgrund einiger Exponierungen (gehaltene Wertpapiere, Beteiligungen) in den betroffenen Ländern. Mögliche Abschreibungen von den gehaltenen Assets könnten in 2022 erfolgen. Seriöse Abschätzungen sind zum Erstellungszeitpunkt der Berichte jedoch noch nicht zu treffen.

Geringfügiger Anstieg der Solvabilitätsquoten am gesamten Versicherungsmarkt

Die Mindestanforderung zur Deckung des Risikokapitals von 100% werden im gesamten Versicherungsmarkt deutlich übererfüllt, der Median aller Versicherungsunternehmen liegt im Geschäftsjahr 2021 bei 219,8% und ist somit gegenüber dem Vorjahr um ca. 3,8 Prozentpunkte angestiegen.

Gerade der Bereich der Nicht-Lebensversicherung war im heurigen Geschäftsjahr belastet durch einige wesentliche Naturkatastrophenereignisse (starke Hagelereignisse im Juni 2021 v.a. im Norden und Osten des Landes sowie diverse Überschwemmungs- und Windereignisse). Der Median der Brutto Combined Ratios (einer der wesentlichsten Kennziffern für Nicht-Lebensversicherungen, der angibt, wie viel pro 100€ Prämieneinnahmen an Zahlungen bzw. Kosten geleistet werden müssen) steigt im heurigen Geschäftsjahr von 83,1% auf 94,3%. Bei insgesamt 23 von 27 Versicherungsunternehmen verschlechtert sich die Kennziffer verglichen zum Vorjahr.

Sinkende Prämienrückstellung, relativ stabile Verhältnisse bei den übrigen versicherungstechnischen Rückstellungen

Die versicherungstechnischen Rückstellungen der Nichtlebensversicherung teilen sich im Wesentlichen in drei Teile: Prämienrückstellung (Rückstellung für mögliche zukünftige Schäden aus existierenden Verträgen), Schadenrückstellung (Rückstellung für Schäden, die bis zum Stichtag passiert sind – egal ob gemeldet oder nicht) sowie eine Risikomarge (Sicherheitspuffer).

Beim Anteil der Prämienrückstellung an der Summe der Prämien- und Schadenrückstellung ist für den gesamten Versicherungsmarkt eine weiter sinkende Prämienrückstellung mit einem Prozentsatz von -15,2% zu beobachten.

Das Verhältnis der versicherungstechnischen Rückstellungen in der Lebensversicherung bzw. in der Krankenversicherung nach Art der Leben nach Solvency II gemessen an ihrem UGB Vergleichswert ist nach einem steigenden Trend der letzten Jahre im heurigen Geschäftsjahr wieder gesunken. Dies korreliert insbesondere mit der Entwicklung der risikolosen Zinskurve der EIOPA, die monatlich veröffentlicht wird und sich heuer im Vergleich zu den vorigen Geschäftsjahren deutlich verbessert hat. Da in dem Solvency II Regelwerk immer auf den Barwert der versicherungstechnischen Rückstellung abgezielt wird, bedeutet eine höhere Zinskurve auch einen höheren Abzinsungseffekt und somit eine geringere Rückstellung.

In der Lebensversicherung haben trotzdem 75% aller Versicherungsunternehmen ein Verhältnis der Solvency II zur UGB versicherungstechnischen Rückstellung von über 101%. Dies ist vor allem dadurch bedingt, dass im Solvency II Regelwerk die zukünftige Gewinnbeteiligung der Versicherungsnehmer bis zum Vertragsende mitmodelliert und berücksichtigt werden muss.

Europäischer Vergleich

Im April 2022 wurde das „EIOPA Risk Dashboard“ veröffentlicht, in dem diverse Kennziffern der europäischen Versicherungsunternehmen dargestellt werden.

Im Prämienwachstum der Sparte Leben zeigt sich im EU-Schnitt in Q4/2021 ein relativ stabiler Median von 6,4% gegenüber dem Vorjahr. Das GWP-Wachstum der österreichischen Sparten Leben und Kranken liegt derzeit mit 3,1% deutlich darunter. Dafür liegt man bei den Nicht-Leben Sparten am österreichischen Markt mit einem Median von 4,3% über dem EU-Vergleichswert von 3,9%.

Bzgl. Profitabilität der Nicht-Lebensversicherungsunternehmen zeigt sich EU-weit ein Median der Netto Combined Ratio von stabilen 96,0%. In Österreich ist man mit 93,5% hier deutlich besser und profitabler verglichen zum EU-Markt.

Bei der SCR-Quote sieht man im Vergleich, dass die österreichischen Nicht-Lebensversicherungsunternehmen im Median tendenziell besser aufgestellt sind als die reinen Lebensversicherungsunternehmen.

Fazit

Das heurige Geschäftsjahr zeigt, verglichen zum von der Pandemie stärker belasteten Vorjahr, eine Verbesserung, unter anderem im höheren Prämienwachstum sowie leichter Erholung der SCR-Quoten.

Leichte Verschübe in der Aufteilung der Risiken gemäß Standardformel sowie bei der Berechnung der versicherungstechnischen Rückstellungen sind am Markt zu beobachten.

Im kommenden Jahr ist es jedoch möglich, trotz der Erholungen im Geschäftsjahr 2021, dass vor allem die Solvenzziffern aufgrund der aktuellen diversen negativen Ereignissen (Ukraine-Krise, stark steigende Inflation etc.) weiter belastet und gestresst werden – dem etwas entgegen wirken könnte eine mögliche steigende Zinskurve. Die bisherigen relativ stabilen Entwicklungen sowie die am gesamten Versicherungsmarkt vorherrschende ausreichende Kapitalisierung zur Deckung des Solvenzkapitalerfordernisses lassen jedoch keine allzu großen Sprünge erwarten.

CENTURION SFCR Studie 2021 Download

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